Was einen Gentleman ausmacht
Herkunft des Begriffs Gentleman
Der Begriff Gentleman bezeichnet einen aufgrund seiner Geburt, seines Charakters oder anderer Umstände in irgendeiner Form sozial herausgehobenen Mann und ist ins Deutsche am ehesten zu übersetzen mit Ehrenmann. Der Begriff wurde in England geprägt und galt stets als besonderer Ausdruck britischen Nationalcharakters. So ist jetzt schon klar, dass ein Gentleman mehr ist, als ein höflicher, türaufhaltender und lächelnder Mann im guten Anzug. Es gehört eine Menge mehr dazu.
Der Gentleman und der Knigge
Die Zeiten ändern sich und was noch vor einigen Jahrzehnten als Gentleman-like galt, ist heute schon überholt. Oder etwa nicht?
Nun, diese Frage kann eindeutig mit "jain" beantwortet werden. Die meisten werden schon einmal etwas von Freiherr Adolph Franz Friedrich Ludwig Knigge (* 16. Oktober 1752 in Bredenbeck bei Hannover; † 6. Mai 1796 in Bremen) gehört haben. Und auch über eines seiner bekanntesten Werke: 1788 erschien die erste Ausgabe seines wohl bekanntesten Werkes Über den Umgang mit Menschen (heute einfach kurz als „Knigge“ bekannt).
Knigge beabsichtigte damit eine Aufklärungsschrift für Taktgefühl und Höflichkeit im Umgang mit den Generationen, Berufen und Charakteren, die einem auch Enttäuschungen ersparen sollte. Man kann seine durchdachten und weltkundigen Erläuterungen sehr wohl als angewandte Soziologie würdigen, was in den Abschnitten "Über den Umgang mit Kindern", "Über den Umgang mit Ärzten", "Über den Umgang mit Jähzornigen", "Über den Umgang mit Schurken" und nicht zuletzt "Über den Umgang mit sich selbst" deutlich wird.
Irrtümlicherweise wurde dieses Buch späterhin als Benimmbuch missverstanden, oft nur nach Hörensagen. Dieses Missverständnis verstärkte bereits der Verlag, indem er nach dem Tode von Knigge das Werk um Benimmregeln erweiterte.
Außerdem ist bekannt, dass etwa alle zehn Jahre eine neue Ausgabe herausgegeben wurde – hauptsächlich mit Kleiderregeln. Heute erwartet man von einem „Knigge“ meist Hinweise, wie man Rot- zu Weißweingläsern beim gedeckten Tisch zueinander gruppiert; derlei überging Knigge selbst jedoch völlig.
Der Nachfahre Moritz Freiherr Knigge gab im Jahre 2004 in der Intention einer zeitgemäßen Adaption eine moderne Fassung des bekanntesten Werkes unter dem Titel Spielregeln. Wie wir miteinander umgehen sollten heraus. Somit kann man sagen:
Der bekannte Knigge hat noch lange nicht ausgedient.
Grundregel für echte Gentleman
Die erste und zugleich schwierigste Regel ist: Ein Gentleman ist stets ein Gentleman. Egal in welcher Situation und Umgebung. Dabei ist es ihm auch egal ob andere Personen anwesend sind oder nicht. Auch macht er keine Unterschiede bei seinen Mitmenschen.
Der Gentleman und die Tugend
Was genau ist Tugend? Nun, allgemein kann man unter Tugend eine hervorragende Eigenschaft oder vorbildliche Haltung verstehen. In der Ethik bezeichnet die Tugend eine als wichtig und erstrebenswert geltende Charaktereigenschaft, die eine Person befähigt, das sittlich Gute zu verwirklichen.
Schon in der griechischen Antike (ca. 5. Jahrhundert v. Chr.) waren die sogenannten "Kardinaltugenden" bekannt. Der griechische Dichter Aischylos charakterisiert den Seher Amphiaraos als tugendhaften Menschen, indem er ihn als verständig (sóphron), gerecht (díkaios), fromm (eusebés) und tapfer (agathós) bezeichnet.
Platon übernahm diese Gruppe später in seinen Dialogen "Politeia" und "Nomoi" und übersetzte diese in Tapferkeit, Gerechtigkeit, Besonnenheit und Weisheit. Nicht nur die Angehörigen der von Platon gegründeten Akademie, sondern auch die Stoiker übernahmen den Kanon der vier Tugenden.
Vergleicht man diese mit den Tugenden anderer Länder, so kann eine große Übereinstimmung gefunden werden. So sind die fünf konfuzianischen Kardinaltugenden Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Sitte, Wissen und Wahrhaftigkeit. (Konfuzius: chinesischer Philosoph ca. 551 bis 479 v. Chr.)
In der Zeit der Aufklärung lässt Immanuel Kant in Bezug zu den Sekundärtugenden nur eine Primärtugend gelten: „Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille.“ Fehle dieser, können alle anderen Tugenden „auch äußerst böse und schädlich werden“.
Aus diesen 4 Kardinaltugenden leiten sich alle weiteren Tugenden ab. Auf dem Weg zum Gentleman werden Sie daher nicht umhinkommen, sich selbst und Ihr tägliches Handeln anhand dieser ständig zu prüfen und zu hinterfragen.